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Connected Mobility

Automatisierte Mobilität in der digitalen Stadt

Woran wird beim Thema autonomes Fahren wie selbstverständlich als erstes gedacht? An das Auto natürlich. Die Tatsache, dass es sich selbstständig, wie von Geisterhand gelenkt durch den Verkehr bewegt, macht es zum absoluten Mittelpunkt dieser innovativen Zukunftstechnologie. Dass seine Autonomie von einer Vielzahl externer Faktoren abhängt, wird dabei gerne übersehen. T-Systems Experte Christer Neimöck über unterschätzte Aspekte in der Entwicklung des autonomen Fahrens und die Chancen, die diese eröffnen.

Das autonome Fahren nimmt den Sprung in die Realität. Die ersten automatisierten Shuttles fahren bereits auf deutschen Straßen, in den USA konkurrieren zahlreiche Startups neben profilierten Informationstechnologie-Firmen um die Technologieführerschaft. Und in China werden ehrgeizige Innovationsprojekte rund um die autonome Mobilität umgesetzt. Aber was bedeuten diese Entwicklungen für uns im Hier und Jetzt? Welche Veränderungen lassen sich antizipieren und mitgestalten? Wie gestaltet sich die reale Koexistenz bisheriger und zukünftiger Systeme?

Im Zuge der Entwicklung hin zum autonomen Fahren kommt Städten und Kommunen eine besondere Verantwortung zu. Denn damit automatisierte Fahrzeuge ihren Weg finden und Passagiere sicher ans Ziel bringen können, bedarf es einer klar definierten Umgebung. Von den Anforderungen her ist diese durchaus mit jener für menschliche Fahrer zu vergleichen. Ob Mensch oder Maschine, Verkehrsteilnehmer profitieren von gut ausgebauten Straßen, gut sichtbaren Schildern und klaren Regelwerken. Diese Elemente helfen dabei, die Umgebung weiter zu fassen, was wiederum die Steuerung vereinfacht. Allerdings sind menschliche Fahrer und automatisierte Fahrsysteme unterschiedlich stark auf diese Umgebungsdefinition angewiesen. Während Menschen auch mit Ambiguität, unvollständigen und unbekannten Situationen umgehen können, stellen diese autonome und automatisierte Fahrsysteme vor große Herausforderungen.

Fahren auf einer Straße aus Daten

Automatisierte Fahrzeuge verwenden eine Vielzahl an Sensoren, um Objekte, ihre Bewegungsrichtung und weitere Informationen in ihrer Umgebung wahrzunehmen. Auf Basis dessen werden Fahrentscheidungen getroffen. Dieser komplexe Wahrnehmungsprozess ist jedoch häufig mit großen Schwierigkeiten verbunden. Aufkleber auf Schildern oder Ampeln, verblichene Fahrbahnstreifen, Zebrastreifen etc. können zu einer fehlerhaften Umgebungserkennung und gefährlichen Fahrentscheidungen führen.

Um dieser Problematik zu begegnen, können Städte und Kommunen bereits heute ihre Verkehrsinfrastruktur entsprechend anpassen und somit in eine sichere Mobilität und einen homogenen Verkehrsfluss auf den Straßen investieren. Digitalisierte Ampeln oder Verkehrsschilder sind in der Lage, Fahrzeuge über Funktechnologie (V2X-Kommunkation) mit den erforderlichen Daten zu versorgen, ohne dass die Gefahr einer Falscherkennung besteht. Mit Hinblick auf den zukünftig zu erwartenden „Mischverkehr“ von Mensch und Maschine muss die Verkehrsinfrastruktur auch den Datenaustausch zwischen menschlichen Fahrern und automatisierten Systemen ermöglichen. Wer also möglichst bald automatisierte Fahrzeuge auf seinen Straßen sehen möchte, kann sie mit dem Aufbau digitaler Verkehrsinfrastrukturelementen unterstützen.

Neue Chancen in einer digitalisierten Stadt

Eine digitale Straße bringt über die Möglichkeiten des automatisierten Fahrens hinaus weitere Vorteile mit sich: Intelligente und vorausschauende Wartung, flexiblere Kontroll- und Gestaltungsmöglichkeiten sowie nicht zuletzt Möglichkeiten zur Erhebung relevanter Verkehrsdaten. Eine digitalisierte Verkehrsinfrastruktur ermöglicht Gebietskörperschaften ein besseres Verständnis des eigenen Mobilitätskosmos. Wie viele Lieferfahrzeuge fahren täglich durch die Haupteinkaufsstraße? Wo leiden Anwohner und Besucher unter besonders niedriger Luftqualität? Eignen sich alternative Mobilitätskonzepte wie Park&Ride-Angebote oder Sammeltaxen zur Lösung des Problems? All diese Fragen lassen sich mit einem entsprechend digitalisierten System in Echtzeit beantworten. Hinzu kommen neue Geschäftsmodelle bei denen Städte und ihre Verwaltungen in jeglicher Hinsicht profitieren.

Problemstellungen klar zu erkennen, ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Lösung. Dem folgt die weitaus größere Herausforderung, daraus geeignete Maßnahmen abzuleiten. Analoge Verkehrssysteme lassen hierfür nur wenig Spielraum. Straßen können abgesperrt, Geschwindigkeitslimits gesenkt und Fahrverbote eingeführt werden. Diese und vergleichbare Maßnahmen bewegen sich jedoch in einem Kontinuum aus Ineffektivität, hohen Kosten und unvorhergesehenen negativen Nebenwirkungen.

Im Gegensatz zu solchen starren Maßnahmen erlaubt eine digitale Verkehrsinfrastruktur einen nachhaltigeren Umgang mit Mobilitätsthemen: Flexible, verkehrsbasierte Ampelschaltungen für kontinuierlichen Verkehrsfluss mit grünen Wellen, proaktive Planungsprozesse zur Förderung des ÖPNV, sicherer Verkehr durch eine Vernetzung von Fahrzeugen und Warnsystemen bis hin zu komplett virtualisierten Haltestellen, Ampeln und Verkehrsschildern. Grundvoraussetzung hierfür ist jedoch ein souveräner Umgang mit den neu entstehenden Herausforderungen rund um die Inklusion von Anwohnern und Besuchern in diese vernetzten Strukturen.

Mit Infrastruktur für automatisierte und vernetzte Mobilität verhält es sich daher wie mit anderen strukturellen Investitionen: Abgestimmt auf die jeweilige Herausforderung der Stadt liefern sie eine starke Basis für attraktive Wirtschaftsstandorte - sowohl für Forschung & Entwicklung als auch für den Produktivbetrieb innovativer Technologien. Es beginnt mit einer simplen Ampelvernetzung – die automatisierten Fahrzeuge kommen ja ohnehin von allein.

Über den Autor

Christer Neimöck

Christer Neimöck verantwortet als Senior Programm Manager im Fachbereich Connected Mobility der T-Systems International GmbH das Business Development in den Themen autonomes Fahren und vernetzte Mobilität.