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Keine Energiewende ohne digitale Transformation

Smarte Energie für morgen

Keine Energiewende ohne digitale Transformation. Für die Energiewirtschaft ist damit eines der drängendsten Themen die Gestaltung ihrer eigenen digitalen Zukunft – und der Weg dorthin. Dr. Jörg Benze, Principal Consultant bei der Telekom MMS, über eines der großen, nationalen IT-Projekte dieser Zeit.


Für die Energiewirtschaft hat die Digitale Transformation unumkehrbar begonnen. Denn die in Deutschland angestrebten politischen Ziele nach einer weitgehend regenerativen und erneuerbaren Energieversorgung sind nur mit einer Digitalisierung des Energiesektors zu erreichen.

Kern der Energiewende ist die Dezentralisierung des Energiesystems, d.h. die Anzahl der zentralen großen leistungsstarken Kraftwerksblöcke (Kernkraft, Kohle) geht zurück und die Anzahl der dezentralen Erzeugungsanlagen (Windkraft-, Photovoltaik-, Biogasanlagen, etc.) steigt sehr stark an. Da mittlerweile mehrere Millionen dezentrale Erzeugungsanlagen in das Netz einspeisen, erreicht das bisherige, auf große Kraftwerksblöcke basierte, einfache Funktionsmodell zur Netzsteuerung (Frequenzregelung) langsam seine Grenzen. Eine informationstechnische Vernetzung aller Komponenten wird dadurch für den stabilen Netzbetrieb erforderlich. Hierdurch ergeben sich interdisziplinäre Einsatzszenarien für Informations- und Kommunikationstechnik (IKT) in der Energiewirtschaft.

Damit aber nicht genug. Mit der Zunahme der notwendigen digitalen Infrastrukturen in der Energiewirtschaft wird auch der Bedarf an Service- und Supportsysteme unweigerlich anwachsen. Denn je komplexer das informationstechnische Konstrukt, desto größer seine Ausfallwahrscheinlichkeit. Störungen und Betriebsunterbrechungen werden mit solchen Systemen proaktiv vermieden bzw. zeitminimiert beseitigt, wodurch ein zuverlässiger und sicherer Betrieb gewährleistet werden kann. Als Betreiber von Kritischen Infrastrukturen (KRITIS) ist dies für Einrichtungen in der Energiewirtschaft umso wichtiger – wenn auch mit ganz eigenen Auflagen verbunden. Eine branchentypische Anforderung an ITK-Lösungen ist beispielsweise die sogenannte Schwarzstartfähigkeit, d.h. die Fähigkeit einer Anlage, unabhängig vom Stromnetz und Internet vom abgeschalteten Zustand ausgehend selbstständig hochzufahren.

Ein weiterer, nicht zu vernachlässigender Faktor auf dem Weg zur Energiewende ist die Elektromobilität. Um diese flächendeckende zu ermöglichen, muss die Infrastruktur der städtischen Energienetze an die zu erwartende Nachfrage nach Ladepunkten angepasst werden. Auch dies wird weitere Digitalisierungsbedarf nach sich ziehen. Hierbei werden primär einfach und intuitiv zu bedienenden Kundenschnittstellen (Web-Portal & Smartphone-App) nötig werden sowie der Aufbau und Betrieb von Abrechnungssystemen für öffentliche Ladesäulen.

Aber auch unabhängig von politischen Zielsetzungen und den branchenimmanenten Einflussgrößen der Energiewirtschaft wird auch seitens der Kunden der Ruf nach Digitalisierung immer lauter. Wie anderen Wirtschaftszweige unterliegt auch der Energiemarkt für Konsumenten einer immer stärkeren Kommodifizierung. Dynamische Start-ups drängen mit „Smarten Energiemehrwertlösungen“ in den Markt, die durch das Angebot digitaler Services weit über die reine Lieferung von Strom hinausgehen. Dies erhöht den Druck auf etablierte Energieversorgungsunternehmen, denen bislang das Know How wie auch die Agilität fehlt um mit der Geschwindigkeit dieser Entwicklung Schritt zu halten.

Die Notwendigkeit für die Energiewirtschaft sich umfänglich zu digitalisieren, bedingt sich damit nicht nur aus der politischen Zielsetzung, mittelfristig Abstand zu nehmen von fossiler und nuklearer Energiegewinnung, sondern auch aus einem ganzheitlichen gesellschaftlichen Umdenken hinsichtlich der Art und Weise wie wir Energie erzeugen und konsumieren.

Über den Experten


Jörg Benze

ist Principal Consultant - Service Now. Seit 2006 ist er für die Telekom MMS in den Bereichen Innovation, Business Development und Application Management & Cloud Services tätig. Seine Themenschwerpunkte sind hier neue Technologien, Architekturen sowie Geschäftsmodelle für die Digitalisierung im IoT- und Industrie-4.0-Umfeld.