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Jörg Petter, Microsoft Germany GmbH

Enterprise Messaging:
Die Zukunft des modernen Arbeitens

 

Die digitale Transformation stellt nicht nur unser Privatleben auf den Kopf, sondern auch unsere Arbeitswelt. Wie bewerten Sie diese Entwicklung und welche Rolle spielt dabei der Einsatz moderner Technologien wie Enterprise Messaging?

Die Arbeitswelt hat sich radikal verändert und ist auch weiterhin im Umbruch. Die Zusammenarbeit im Unternehmen ist viel dynamischer, flexibler und vernetzter geworden. Mobiles Arbeiten gehört immer mehr zum Unternehmensalltag. Insofern entsteht für Unternehmen der Anspruch, Mitarbeiter auch mobil so auszustatten, dass sie genauso effektiv arbeiten können wie an einem festen Arbeitsplatz. Nicht zuletzt werden die Aufgaben, die es im modernen Arbeitsumfeld zu bewältigen gilt, komplexer und vielschichtiger. Das erfordert ein immer höheres Maß an Kreativität und Innovationsfähigkeit.

Für Unternehmer und Manager sind deshalb drei Fragen von zentraler Bedeutung: Erstens, wie kann ich meine Mitarbeiter auf ein neues Produktivitätslevel heben, indem ich die Zusammenarbeit im Unternehmen einfacher, mobiler und sicherer mache? Zweitens, wie kann ich durch Technologie die Kreativität und Innovationsfähigkeit meiner Mitarbeiter heben und mein Geschäftsmodell durch Digitalisierung für meine Kunden verbessern? Drittens, wie kann ich Technologie und insbesondere künstliche Intelligenz nutzen, um meine Mitarbeiter von Routineaufgaben zu entlasten und dadurch Freiraum für Innovationen zu schaffen? Enterprise Messaging Tools sind ein Startpunkt für diese neue Art der Zusammenarbeit und deshalb ist Messaging künftig ein zentraler Bestandteil aller unserer Kommunikationstools.

Klingt nach vielen Trends für Unternehmen der Digitalbranche. Ist das nicht gerade für kleinere Unternehmen oder technologiefernere Branchen mehr ein Hype als eine greifbare Herausforderung der nächsten Jahre?

Digitale Transformation ist kein Modewort der Digitalbranche, sondern ist für jedes Unternehmen relevant. Auch kleinere Unternehmen, die im Kerngeschäft nichts mit der digitalen Transformation zu tun haben, werden damit konfrontiert. Entweder weil junge Mitarbeiter mit eben jenen Anforderungen hinzustoßen, weil sich durch den Einsatz von Consumer-Produkten wie Facebook und WhatsApp unsichere Workarounds gebildet haben oder weil der Markt einfache, digitale Endkundenprozesse fordert.

Viele Argumente, die für den Einsatz von modernen Tools wie Enterprise Messengern in nahezu jedem Unternehmen sprechen. Der Markt für solche Tools wird dementsprechend immer größer. Was muss man bei der Auswahl beachten?

Wichtig ist, dass Messaging nur ein Teilaspekt von Kommunikation ist. Kommunikation als ein wesentlicher Aspekt von Zusammenarbeit findet über viele unterschiedliche Kanäle – Sprache, Video, Chat und E-Mail – statt. Und, Kommunikation wiederum ist eben nur eine Facette der Zusammenarbeit im Unternehmen, weil Produktivität immer auch an das Erstellen und Bearbeiten von Inhalten geknüpft ist, also der gemeinsamen Bearbeitung von Präsentationen, Tabellen etc. Hier spielt auch das Endgerät, auf dem die Zusammenarbeit stattfinden soll, eine große Rolle. Idealerweise kann ich diese verschiedenen Ebenen der Zusammenarbeit mit möglichst wenigen Applikationen bedienen. Produktivitätskiller Nummer eins ist nämlich, dass in einem Unternehmen 10 bis 15 Tools parallel eingesetzt werden und es manchmal mehr als fünf verschiedene Applikationen braucht, um einen Arbeitsschritt zu erledigen.

Demnach sollte doch der Anspruch der Herstellern sein, den Unternehmen ein Tool anzubieten, das „one fits all“ annähernd gerecht wird? Einige beschränken sich jedoch nach wie vor auf wenige Use Cases.

Betrachten wir zum Beispiel die Ebene der Kommunikation. Eine Kommunikation im Team- oder Projektumfeld hat andere Herausforderungen als Knowledge-Sharing im ganzen Unternehmen. Übertragen auf unsere Microsoft-Produktwelt haben wir deswegen Yammer und Teams. Yammer als klassisches Enterprise Social Network ist ideal für eine One-to-many-Kommunikation. Teams eignet sich perfekt für intensive, schnelle Zusammenarbeit in Projekten und ist der zentrale Startpunkt für Teamwork im Unternehmen. Alle relevanten Inhalte, Dateien und Kollegen finden sich an einem Ort wieder, sodass ich das Tool eigentlich nie verlassen muss, um 80 Prozent meines täglichen Collaboration-Bedarfs abzudecken.

Viele Features, viele Anwendungsszenarien. Bringt das nicht auch einen erheblichen Schulungs- und Trainingsaufwand mit sich?

Das ist ein sehr wichtiger Punkt. Wenn man eine neue Software einführt, muss man sich auch die Frage stellen, wie ich die Mitarbeiter an die Nutzung neuer Anwendungen heranführe und Frustration vermeiden kann. Auch wenn viele Messenger einfach und intuitiv nutzbar sind, bedarf es immer einer Analyse der unterschiedlichen Zielgruppen und deren Bedürfnisse im Unternehmen. So haben zum Beispiel Mitarbeiter der Personalabteilung andere Anforderungen an Software als Mitarbeiter im Außendienst. Diese Anwendungsszenarien kann man dann im Rahmen eines Einführungsprojektes in Schulungen und begleitenden Materialien abbilden. Eine sorgfältige Planung der Einführung ist wie ein kleines Change-Management-Projekt, stellt dann aber auch eine gelungene Einführung sicher.

Lassen Sie uns noch mal einen Schritt zurückgehen. Denn oftmals geraten Unternehmen noch vor Tool-Auswahl oder -Einführung an eine bekannte Problemstellung: die Datensicherheit solch moderner Tools...

Definitiv. Unternehmen müssen sich die Frage stellen, wie sie ihre Daten in der schönen neuen mobilen Arbeitswelt, vielleicht sogar mit Bring-your-own-Device-Szenarien, auch außerhalb der Firewall absichern können. Was passiert zum Beispiel, wenn ein Mitarbeiter das Unternehmen verlässt, wie stelle ich sicher, dass er nicht mehr auf Dateien zugreifen kann? Insbesondere in den mobilen Produktivitätsszenarien ist die Frage nach einer ausreichenden Absicherung und Verschlüsselung der Daten absolut zentral.

Neben der Verschlüsselung ist vor allem das Hosting von Systemen ein Thema. Die meisten modernen Tools werden nur in der Cloud angeboten, was für viele ein „No-Go“ darstellt, selbst wenn die zugehörigen Server in Deutschland stehen. Müssen sich Unternehmen, die der digitalen Transformation folgen wollen, zwangsläufig von einem On-Premise-Hosting verabschieden?

Die Gleichung ist nicht Cloud = unsicher, On Prem = sicher. Richtig eingesetzt bringt Cloud-Technologie ein zusätzliches Maß an Sicherheit, nicht weniger. Gerade vor zahlreichen neuartigen Bedrohungsszenarien und Cyberattacken schützt konventionelle On-Premise-Sicherheitstechnologie nicht. Der Einsatz von Cloud-Technologie ist gerade für mobile Produktivitätsszenarien die Voraussetzung. Ich glaube auch, dass für die Mehrheit unserer Kunden es keine Grundsatzfrage mehr ist, ob sie Teile ihrer IT in die Cloud verlagern. Vielmehr, welche Anwendungsszenarien für sie wichtig sind und welchem Partner sie dabei vertrauen. Das belegen auch zahlreiche Studien.

Welchen Fokus haben Sie – neben dem Sicherheitsaspekt – hinsichtlich der Weiterentwicklung von Funktionalitäten gesetzt?

Sehr verkürzt: Enterprise Messenger müssen offen, sie müssen mobil nutzbar und eben sicher sein. Das Idealbild ist, dass Produktivität im Unternehmen durch miteinander verbundene Applikationen Ende-zu-Ende abgedeckt werden kann. Selbst mit dem umfangreichen Microsoft Stack wird dies aber nicht realisierbar sein. Es gibt einfach eine zu breite Menge an Produktivitätstools für Unternehmen, dass man als Hersteller keine Lösung für alle Geschäftsprozesse anbieten kann. Insofern ist eine offene Applikationsplattform gefordert. Bei Microsoft Teams haben wir zum einen standardisierte APIs, um unternehmensspezifische Systeme integrieren zu können, zum anderen gibt es zahlreiche Standard-Konnektoren zu Third-Party-Applikationen, die ohne Entwicklungsaufwand nutzbar sind. Nur so kann im Unternehmen eine nahtlose Zusammenarbeit über Abteilungen und Systeme hinweg entstehen.

Letztes Jahr haben wir gemeinsam mit Janus Boye* festgestellt, dass Enterprise Messaging noch in den Kinderschuhen steckt. Wo sehen Sie das Thema heute?

In der Mitte des unternehmerischen Alltags. Blickt man zum Beispiel auf den Einsatz von Chatbots in Messaging-Diensten, dann ist vor allem die Automatisierung von Customer Care weitverbreitet und wird produktiv mit modernen Messaging Tools umgesetzt.

Die Anwendungsfälle von Enterprise Messaging sind weiterhin unendlich groß. Das Potenzial für Unternehmen besteht vor allem auch darin, die Produktivität damit auf ein neues Level zu heben und die eingesparten Ressourcen an anderer Stelle neu zu investieren. Wichtig dabei ist, dass Technologie alleine nicht die Probleme der Kommunikation in Unternehmen lösen kann. Die Arbeitskultur und die spezifischen Einsatzorte müssen immer mit der Technologie einhergehen können.

* Janus Boye ist Mitbegründer und Moderator von Erfahrungsaustauschgruppen des Netzwerk-Unternehmens J. Boye aus Aarhus in Dänemark.

 

 

 

Über den Experten

Jörg Petter arbeitet als Business Lead für Microsoft Deutschland und ist Experte für die Themen Microsoft 365 Enterprise, Teams und modernes Arbeiten. Zuvor war er für die Deutsche Telekom AG unter anderem als Vice-President für Business Development sowie als Consultant bei Ernst & Young tätig. Jörg Petter hat in Ansbach und Valencia Betriebswirtschaftslehre studiert.