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Interview mit Andreas Leisenberg und Thomas Richter

Von den Daten zur Customer Excellence

Am Stand der Telekom MMS auf der dmexco 2017 können die Besucher anhand eines praktischen Beispiels erleben, wie eine Customer Journey aussehen kann. Denn während Kunden früher primär im stationären Handel mit Marken in Kontakt kamen, führen heute viele Wege zum Kauf: Von der Homepage über Social-Media-Kanäle und Bewertungsportale bis hin zum Onlineshop oder eben klassisch am stationären Point of Sale. Für Unternehmen bedeutet das, an jedem einzelnen Kontaktpunkt des Kunden eine gute Figur zu machen. Wird das in Perfektion umgesetzt, ist von Customer Excellence die Rede – die Kür einer jeden Customer Journey. Daten sind dabei eine entscheidende Erkenntnisquelle, doch es braucht eine übergreifende Strategie und konkrete Ziele, die mit ihnen verfolgt werden.
Im Interview geben Andreas Leisenberg (ehemalig Telekom MMS) und Thomas Richter Aufschluss darüber, wie Unternehmen diesem Optimum näher kommen können.

Was macht das Thema Customer Excellence heutzutage so wichtig?

Thomas Richter:
Customer Excellence ist heute zentraler Bestandteil eines digitalen Marketings. Denn im Kern bedeutet das ja nichts anderes, als die systematische Konzeption und Gestaltung aller Customer Touchpoints, die zu einer Marke gehören, sodass diese ideal aufeinander abgestimmt sind. Damit wird Customer Excellence zu einem zentralen Qualitätsmerkmal, denn genau das unterscheidet gute von schlechten Marken.
Wenn ich beispielsweise eine App benutze, mit der ich total zufrieden bin, dann ist das erstmal ein positives Erlebnis. Aber dann tritt vielleicht mal ein Problem auf und ich muss mich an den Kundenservice wenden und  der Mitarbeiter ist unfreundlich und löst auch mein Anliegen nicht zufriedenstellend – dann zerstört das doch das komplette Bild, was ich bis dato von dieser Marke hatte und der schöne erste Eindruck vom ersten Touchpoint – nämlich der App –  ist getrübt. Deswegen ist es so wichtig, dass nicht nur einzelne Ausschnitte der Customer Journey, sondern die Kontaktpunkte in Gänze betrachtet werden.

Andreas Leisenberg:
Hinzu kommt, dass mittlerweile nicht nur die Märkte gesättigt sind, sondern auch die Touchpoints. Soll heißen: Ich kann nicht nur schnell von einem Produkt zum anderen wechseln, sondern beispielsweise auch von einer App zur anderen. Bin ich beispielsweise unzufrieden mit Spotify wechsle ich zu deezer. Der nächste Kontaktpunkt ist nicht weit entfernt – und so ist auch die Konkurrenz sehr nah. Deswegen ist es umso wichtiger, dass Unternehmen ihre Kunden an den einzelnen Kontaktpunkten begeistern, um sich im Wettbewerb zu behaupten.

Was macht denn überhaupt ein herausragendes Kundenerlebnis aus?

Thomas Richter:
Kurz und knapp: Ein herausragendes Kundenerlebnis ist dann gegeben, wenn sowohl Zielstellung des Kunden als auch Zielstellung des Unternehmens hindernisfrei zu erreichen sind.
Die haben natürlich jeweils andere Anforderungen. Der Kunde wünscht sich in der Regel eine reibungslose User Experience. Also, dass die Kontaktpunkte so gestaltet sind, dass sie ihn optimal unterstützen, leicht bedienbar sind und Spaß machen.

Andreas Leisenberg:
Genau und hier wird auch der Unterschied zwischen den Zielen von Kunden und Unternehmen deutlich. Denn es ist zwar schön, wenn es Spaß macht. Viel wichtiger für Unternehmen ist jedoch, dass die Kundenkontaktpunkte auch Wert generieren. Das Hauptkriterium stellt dabei ganz klar die Relevanz dar: Wie wichtig ist dieser Kanal für den Kunden? Ist dieser notwendig für die Customer Journey? Und: Ist er auch wirtschaftlich sinnvoll? Eine gute Customer Journey sollte so gestaltet sein, dass jeder Kontaktpunkt den Kunden weiterführt und seine Ziele erfüllt. Wenn dies nicht der Fall ist, ist er verzichtbar.

Welche Rolle spielen Daten und Kennzahlen für Customer Excellence Strategien? Und wie kann der Erfolg der Strategie gemessen werden? 

Andreas Leisenberg:
Customer Excellence ist an sich nicht in allen Facetten exakt messbar. Verhalten und Entscheidungen der Nutzer jedoch sehr wohl – und dafür sind Daten entscheidend. Denn diese bilden ab, ob und inwiefern Kunden die Angebote des Unternehmens überhaupt annehmen und bilden damit die Grundlage, um die Kontaktpunkte optimal zu gestalten und die individuellen Kundenbedürfnisse zu berücksichtigen. Wenn Unternehmen also im Stande sind abzubilden, wie der einzelne Kunde sich zum Beispiel über verschiedene Touchpoints innerhalb seines Kaufprozesses verhält, mit all seinen dahinterstehenden Entscheidungen, Verhaltensmustern und Motivationen, dann sind sie diesbezüglich schon sehr weit. Customer Excellence ist erst dann erreichbar, wenn wir es schaffen aus menschlichen Verhalten an Touchpoints eine aussagekräftige Persönlichkeit zu erhalten. Hier wird uns die technische Entwicklung sicher noch weitere Tore öffnen, um dieses Ziel zu erreichen und uns immer weiter in Richtung Excellence zu bewegen.

Es ist ja immer öfter die Rede von einer 360°-Sicht auf den Kunden – nur ein Buzzword oder bald Realität?

Andreas Leisenberg:
Die 360°-Sicht auf jeden einzelnen Kunden ist gegenwärtig noch ein Wunsch, der uns aber stets die aktuellen Grenzen dieser Betrachtung aufzeigt und nach Lösungen suchen lässt. Hierbei gilt es sich zu fragen: Was wissen wir wirklich über Interessenten und Kunden? Haben wir auch wirklich die jeweiligen relevanten Daten vorliegen? Dabei bilden die verfügbaren Daten und deren Management die Grenze von dem, was wir überhaupt nutzen können. Häufig fehlt es hierbei noch an Informationen und Schnittstellen, die echte persönliche Motivation, Entscheidungen und Emotionen bereithalten. Denn: Echte Kundenbindung braucht echte Kennzahlen, die diese auch abzeichnen. Dazu zählt unter anderem die Fürsprache in sozialen Medien, aber auch im Freundeskreis. Um das richtig erfassen zu können, braucht es etwas, was noch näher am Leben der Menschen ist.

Thomas Richter:
Wie sowas aussehen kann, hat iRobot letztens bekannt geben: Der Hersteller für Saugroboter verkündete, die von den Staubsaugern gesammelten Daten aus den Wohnungen verkaufen zu wollen. Davon können Unternehmen ganz neue Schlüsse über Größe und Mobiliar der gereinigten Wohnungen sowie die genauen Stellplätzen der Gegenstände in den Wohnungen ziehen. Durch diese Erkenntnisse könnten Unternehmen ihre Marketingmaßnahmen gezielter ausspielen.
Und grundsätzlich ist es so, dass jeder Kontaktpunkt gleichzeitig eine potenzielle Messstelle darstellt –Staubsauger wie Küchenmaschine oder Apps. Durch das Internet der Dinge kann damit immer mehr darüber herausgefunden werden, wie bestimmte Produkte benutzt werden. Diese Daten dann mit den Nutzerdaten zusammengeführt, ergeben ein immer konkreteres Bild über den Kunden.

Intelligente Auswertung von Kunden- und Nutzungsdaten ist immer wieder ein großes Thema: wie erreicht man, dass die „Customer Intelligence“ auch wirklich intelligent ist?

Andreas Leisenberg:
Der so genannte „Golden Record“ – ein „Goldener Datensatz“ über jeden einzelnen Kunden – ist ein intelligentes Konzept, Daten zu erfassen. Hierbei werden die Daten aus verschiedenen Quellen in einem Datensatz integriert, sodass ein zentrales Profil über jeden einzelnen (potenziellen) Kunden entsteht. Da werden dann beispielsweise Transaktionen, Anfragen, Reaktionen auf Newsletter miteinander verknüpft und somit alle Eigenschaften und Aktivitäten erfasst. Diese Informationen kann das Unternehmen dann für eine differenzierte Ansprache nutzen. Dasselbe gilt im B2B-Bereich: Denn letztendlich stecken Menschen hinter jedem Unternehmen, die sich auch menschlich verhalten – mit der Customer Intelligence messen wir im Grunde menschliche Eigenschaften und Verhaltensweisen.

Was sind Erfolgsfaktoren für eine praktische Umsetzung?

Thomas Richter:
Unternehmen müssen grundsätzlich dafür offen sein sich auf Neues einzulassen. Natürlich müssen sie aber auch die entsprechende Zeit, Man-Power sowie die finanziellen Mittel mitbringen, die so ein Projekt erfordert – denn Customer Excellence erreichen Unternehmen nicht einfach nebenbei. Es reicht auch nicht sich einmal partiell damit zu befassen, sondern es geht um eine langfristige Zusammenarbeit und Partnerschaft, um die Touchpoints laufend auf Basis der Messwerte zu optimieren. Die Kultur und der Wille muss gegeben sein, Kunden in den Mittelpunkt zu stellen.  

 

Über die Experten

Andreas Leisenberg

Die ersten Berührungspunkte mit Digitalen Medien hatte Andreas Leisenberg in den 1990er Jahren. Nach einem Bildungsweg entlang von Technologie und Medien hin zum Master im „Management für mittelständische Unternehmen“ war er Consultant für Digital Marketing & Customer Insights bei Telekom MMS. Als erfahrener Marketer arbeitete Andreas Leisenberg an nationalen & internationalen Projekten und betreute Kunden in den Bereichen Marketingtechnologie, Customer Data und Performance Management. Im Unternehmen betrieb Andreas Leisenberg innovative Themen im Data Driven Marketing.

 

Thomas Richter

Thomas Richter schrieb 1988 seine erste E-Mail und besitzt seit 1999 einen Ebay-Account. Als selbständiger Unternehmer und Pionier realisierte er ab 1995 Internetprojekte und Websites für mittelständische Unternehmen. Als Creative Director bei Telekom MMS führt er mit einem starken Team die Marken seiner Kunden zu Glanzlichtern im Web. Dabei bilden die Beratung zu digitalem Marketing, digitaler Markenführung und vor allem zur Inszenierung der Customer Journey und der einzelnen Touch Points der Marken den Schwerpunkt.